Kleinschmetterlinge
Auf der gesamten Erde sind etwa 150.000 Schmetterlingsarten bekannt. In Mitteleuropa leben ungefähr 3.200 Arten, wobei die Tagfalter mit nur 140 Arten vertreten sind. Alle anderen gehören zu den Nachtfaltern oder zu den Kleinschmetterlingen. Die größte europäische Art hat eine Spannweite von 15cm, die kleinste nur 4mm. Mit der Lupe oder mit Hilfe der Makrofotografie ist man auch bei den Kleinsten oft wegen ihrer besonderen Schönheit fasziniert. Die Bestimmung gelingt häufig mit guten Digitalfotos. Aber es existieren auch Arten, die man nur mikroskopisch oder über ihre Zucht voneinander unterscheiden kann.

Damit das Vorkommen und die Häufigkeit statistisch erfasst werden kann, hat sich der Arbeitskreis Entomologie der Pollichia e.V. unter der Leitung von Herrn Ernst Blum in Neustadt bereit erklärt, regelmäßig in Rheinland-Pfalz an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten Zählungen vorzunehmen. Diese ehrenamtliche Arbeit ist einerseits wichtig für den Artenschutz, aber auch zur Abschätzung einer eventuell notwendigen Schädlingsbekämpfung. Natürlich möchten wir auch unsere wissenschaftliche Neugier befriedigen, z.B. das Verhalten der Wanderfalter beobachten und vieles mehr.
Die geographische Verteilung der gefundenen Schmetterlingsarten in Rheinland-Pfalz kann sich jeder im Internet unter http://www.schmetterlinge-rlp.de anschauen. Diese ständig aktualisierte Internetseite wird in Zukunft eine große Datenmenge erreichen. Wer Fotos (kleiner 100kB) mit den Funddaten Ort und Datum hat, darf sich gerne an der Aktion beteiligen. Wir helfen auch, die Schmetterlinge zu bestimmen.

ZünslerMeine Frau und ich, Elke und Dieter Kremb, haben alleine im Jahr 2011 in und um Hagenbach insgesamt 2.580 Schmetterlinge gezählt, wobei 509 Arten erfasst werden konnten. Es gelangen sogar einige überraschende Funde. So wurde von uns Chiasmia aestimaria zum ersten Mal in der Pfalz gesichtet. Rhodometra sacraria haben wir 2010 ca. 2km südlich von Hagenbach nach mehreren Jahrzehnten wiederentdeckt. Der relativ große schöne Buchsbaumzünsler Cydalima perspectalis ist ein ganz neuer Einwanderer. Wir konnten feststellen, dass er 2011 in zwei Generationen auftrat, so dass anzunehmen ist, dass er sich in Hagenbach etablieren wird. Von Duponchelia fovealis wurde vorher in der Pfalz nur eine einzige Raupe gefunden, 2011 gelang uns mitten in Hagenbach ein Beleg des ersten nicht gezüchteten Falters. Sehr erstaunt war ich über die Häufigkeit der seltenen Zaunwinden-Trauereule Aedia funesta. Anscheinend ist Hagenbach eine Hochburg dieses Kulturfolgers. Rund 30% aller Fundmeldungen aus der Pfalz kommen aus Hagenbach. Die Vielfalt der Bepflanzungen, Gärten und Naturwiesen in unserer Stadt scheint für die Artenvielfalt ideal zu sein, auf jeden Fall günstiger als ein monotones einheitliches Stadtbild. In mehreren anderen Ansiedlungen richteten einige der hier gefundenen Arten erhebliche Schäden an. In Hagenbach konnten wir nichts Vergleichbares beobachten. Ich vermute, dass hier wegen der Artenvielfalt ein recht günstiges Gleichgewicht zwischen Schädlingen und ihren Feinden herrscht. Erfreulicherweise haben wir noch einige weitere Raritäten gefunden, die für die Naturdokumentation Rheinland-Pfalz von Bedeutung sein dürften. Interessant für ein besonderes Artenaufkommen sind mit Sicherheit auch die Auwälder und Moorgebiete in unserer Umgebung, sowie das milde Klima.

Mit den in 2011 von meiner Frau und mir gefundenen 509 Arten wollten wir uns nicht ganz zufrieden geben. Es gab noch weitere Aktionen. Zusammen mit Ernst Blum und Manfred Hund veranstalteten wir einen Lichtfang am Rhein und am Rande des Bienwaldes. Lichtfang bedeutet, dass Nachtschmetterlinge von starkem UV-Licht und tageslichtähnlichen Lampen angelockt werden. Zum Einsatz kam ein sogenannter Leuchtturm aus einem fliegengitterähnlichen Material, auf dem nach einer gewissen Zeit hunderte Schmetterlinge eintrafen. Im Inneren befanden sich zwei 15W-Schwarzlichtröhren und eine HQA 250W. Die Schmetterlinge kommen dabei nicht in Berührung mit der heissen Lampe, eine relativ schonende Methode. So konnten innerhalb weniger Stunden knapp 130 Arten in die Datensammlung aufgenommen und auch einige Falterfotos direkt am Leuchtturm geschossen werden, um die Bestimmung abzusichern.
Nachtschmetterlinge
Es gibt aber auch Schmetterlinge, die nicht ans Licht kommen. Diese muss man mühevoll in der Natur suchen. Sehr hilfreich bei der Suche ist die Kenntnis der Pflanzen, da viele Arten sich nur auf einer speziellen Pflanzenart vermehren können. Zwei weitere Möglichkeiten Schmetterlinge anzulocken sind der Köderfang und artspezifische Pheromone.

Um ein komplexes Naturverständnis zu erhalten, reicht es natürlich nicht aus, sich nur mit den Schmetterlingen zu beschäftigen. Alleine in Europa leben etwa 100.000 Insektenarten, es gibt also noch einiges zu erforschen, sogar direkt vor unserer Haustür.

Dieter Kremb

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Internet:
http://www.schmetterlinge-rlp.de Verbreitungskarte der Arten in Rheinland-Pfalz
http://rlp.schmetterlinge-bw.de Verbreitungskarte der Arten in Rheinland-Pfalz
http://www.ukmoths.org.uk Bestimmungshilfe, englisch
http://www.manfredhund.de Schmetterlingsfotos meines Mitarbeiters

Literatur:
Manfred Koch, Schmetterlinge, Neumann Verlag Leipzig
Guide des papillons nocturnes de France, ISBN: 978-2-603-01429-5
Michael Chinery, Pareys Buch der Insekten, ISBN: 978-3-440-09969-8
Umberto Parenti, A Guide to the Microlepidoptera of Europe, ISBN: 88-86041-36-5
T. Kaltenbach P.V. Küppers, Kleinschmetterlinge, ISBN: 3-7888-0510-2