Die wahre Geschichte des sagenhaften Trommlers
Wenn die Hagenbacher und Neuburger nicht schon längst gute Nachbarn und Freunde, Geliebte und Verheiratete wären, so hätten sie sich spätestens nach dem überwältigenden „Freude schöner Götterfunken“ zum Ende des „Verliebten Trommlers“ im Hagenbacher Kulturzentrum herzlich verbrüdert.

Doch zunächst ging es erst mal um die jahrhundertelangen Händeleien zwischen beiden Gemeinden, die sich rund ums „Xangbuch“ und eine Liebesgeschichte à la Romeo und Julia ranken. Sie ist verwoben mit der Hagenbacher Sage um den „Treulosen Trommler“, die von etwa 70 Akteuren einfallsreich und mit viel Herzblut in einem großen Musik- und Theaterspektakel spielend und singend dargeboten wurde.

Zwei fröhliche Abende mit über 600 Besuchern waren der Lohn für den großartigen Einsatz der aktiven Laiendarsteller nach Drehbuch und Regie von Bernd Paulus. Seine Geschichte im ausgehenden Mittelalter lebt neben den pfiffigen Dialogen vor allem durch die über 30 musikalischen Passagen, für die Ehefrau und Musikerin Heidrun Paulus zusammen mit Klaus Prinz verantwortlich zeichnet. Sie begleiteten in einem Orchester mit Stefan Volz, Christian Eberle, Etleva Mema, Henning Otte, Nadja Ganswindt, Helmut Schleser, Roland Knöll, Marco Scherrer und Joachim Groß das Geschehen musikalisch. Es begann schon außergewöhnlich mit der Ouvertüre der Zauberflöte, die in einer kammermusikalischen Besetzung ausgesprochen selten zur Aufführung kommt. Und es endete in einem furiosen „Freude, schöner Götterfunken“ aus dem vierten Satz von Beethovens Neunter Sinfonie. Eingeflochten waren viele bekannte Arien aus beliebten Opern wie „Vivat Bacchus“ (Entführung aus dem Serail), „Der Hölle Rache” (Zauberflöte), „Grüß euch Gott“ (Vogelhändler) und für die Kinder „Brüderchen…“ (Hänsel und Gretel).

Der treulose Trommler aus der Sage hatte bei der Bewachung des Stadttors durch falsche Signale die Stadt in die Hände der Feinde gespielt. Bernd Paulus hat in seinem Libretto den dürftigen Sageninhalt in kreativer Freiheit verändert. Sein Trommler (Klaus Feldmann) verwechselte die Trommelstäbe in einem verwirrenden Gefühlsstrudel zur schönen Neuburgerin Johanna (Sandra Klincov). Ihre romantische Liebesgeschichte beginnt im Bärlauchwald zwischen Hagenbach und Neuburg. Da dort „im Süden bei Neuburg Feindesland ist“, verkündet der Hauptmann, mit bemerkenswerter Stimme überzeugend verkörpert von Oliver Reinecke. Die ungeliebte Nachbarschaft über Jahrhunderte war vor allem durch die unterschiedlichen Konfessionen bedingt, selbst die Bibel hatte für diesem Zwist keine Hilfe, „weil nichts von Hagenbachern da drinsteht“, behauptet die resolute Neuburger Wirtin. Und selbst Papst Benedikt fand hier keine Lösung, bedauerte der Barde (Gunther Grasemann) in seinem Song. Neben solchen Zeitsprüngen erfreuten sich die Zuschauer besonders am Lokalkolorit mit Wiedererkennungseffekt, das bis hin zu den anstehenden Bürgermeisterwahlen reichte. Ein Fest fürs Auge waren die phantasievoll gewandeten Akteure (Kostüme von Gisela Buchlaub) und das kreative Bühnenbild (Edith Prinz, Bernd Zaucker, Heiko Schlechte). Mühelos konnten so die Orte des Geschehens zwischen Hagenbacher Szenen vor dem Wachthäusel und Begegnungen in der Neuburger „Waldschänke“ wechseln; selbst der Bärlauch-Wald als Treffpunkt des bedrängten Liebespaares, wird zwischendurch höchst einfallsreich „aufmarschieren lassen“. Erneut gibt’s im Singspiel ein Wiedersehen mit den wohlbekannten Hagenbacher Sagengestalten „Stadtmadam“, gespielt von Sabine Deutsch samt ihrem sinnes-und trinkfreudigen Landvogt Franz (Georg Hepp). Beide begeistern vor allem in den Gesangspartien und verleihen ihren dünkelhaften Rollen viel Farbigkeit und Feuer. Im Gegensatz dazu schaffen Johannas Eltern in der Neuburger Schänke (Sigrid Kauter und Xaver Schmitt) eine heiter lustige Atmosphäre. Doch auch sie sind gegen die Liebelei ihrer Tochter mit dem unsäglichen Hagenbacher, bis der Streit beider Dörfer in heftigem musikalischem Schlagabtausch beider Mütter in der „Lumpenpack-Arie“ (Heidrun Paulus) eskaliert. Erst die kleinen Geschwister der Neuburgerin (Lia Weber und Joel Bussem) schaffen es mit kindlichem Charme das Liebesdrama hin zum Happy End zu wenden Und mit tosendem Beifall dankten über 600 Zuschauer den engagierten Organisatoren und Akteuren.

In weiteren Rollen spielten: Dimitra Malamata, Eberhard Reinecke, Valeria Schmitt, Bernd Zaucker, Reinhard Gottschlich, Werner Ockuly. Eine Tanzgruppe des Vereins für Volksmusik und Brauchtum und etwa 30 Sänger zweier Chöre. Veranstalter war der Kleinkunstverein „Stadtmadam“ Hagenbach.

Text: Monika Bögelspacher
Fotos: Sebastian Ritter



Der verliebte Trommler Der verliebte Trommler Der verliebte Trommler
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