Klezmer ist eine jahrhundertealte Musiktradition des aschkenasischen Judentums, das wesentlich in Osteuropa verwurzelt war. Die Aschkenasim waren stets auch tief in ihrer traditionellen religiösen Praxis verhaftet, aber, wie so oft im Judentum, ist der dialektische Diskurs nie weit weg und vielleicht ist Klezmer als eine Ausdrucksform der musikalischen Dialektik aufzufassen.
Die Moderne verdrängte mit der Zeit auch diese kulturelle Ausdrucksform, bis in den 1970er Jahren Giora Feidman (geb. 1935) auf den Plan trat und mit seinen hinreißenden Klarinetteninterpretationen die USA und Europa begeisterte.
Nun kommen wir zu Helmut Eisel, einem saarländischen Mathematiker, Software-Entwickler und routiniertem Jazz-Klarinettisten, der – und nun schwenken wir elegant zu dem Klezmer-Abend in Hagenbach – 1989 Giora Feidman begegnete und dieser Ausdrucksform des Klarinettenspiels verfiel.
Wer Klarinettenmusik ausschließlich mit dem verbindet, was Orchester üblicherweise darbieten, bis hin zu Mozarts Klarinettenkonzert in A-Dur, der hat keine Vorstellung davon, was Helmut Eisel mit seinen Klarinetten anstellt. Von ausdrucksvollen Passagen über irrwitzige Läufe und Kaskaden bis hin zu den singenden, teils jauchzenden Folgen. Sogar ein spottendes Gelächter vermag ein wahrer Meister, wie er, aus diesem Instrument hervorzulocken.
Im Lied über Eisels Lieblingskatze Ronja kann man verfolgen, wie diese der sicher sehr flinken Maus hinterherjagt. Nach einem virtuosen Finale über Stock und Stein wird man Zeuge, wie Ronja mit einem großen Satz ihre Beute schlägt. Giora Feidman sagte einst, er sei ein Sänger und singe mit seiner Klarinette. Eine Mäuse jagende und singende Klarinette hört man nicht alle Tage.
Klezmer-Musik trifft man in vielerlei Besetzungen an, doch die Kombination mit einer Konzertharfe ist, auf den ersten Blick zumindest, eine ungewöhnliche Variante. Jedoch die Harfe liegt mit ihrem tiefsten Ton immerhin eine Quarte unter einem Kontrabass und endet eine Oktave oberhalb einer Konzertgitarre, ein fürwahr mächtiger Tonraum. Mit der Harfenistin Birke Falkenroth hatte Helmut Eisel eine kongeniale Partnerin an seiner Seite, die seine Lieder harmonisch unterbaute. Auch zwei faszinierende Soli der klassischen Harfenliteratur gab sie zum Besten.
Die Hagenbacher, die das enorme Potenzial dieser Veranstaltung erkannt hatten, waren zugegen. Die Galerie „Altes Rathaus“ war bis auf den letzten Platz besetzt.
Altbürgermeister Franz Xaver Scherrer verdingte sich als Bühnenhelfer, wie Birke Falkenroth amüsiert berichtete, und wuchtete mit dieser die schwere Harfe durchs Treppenhaus.
|